Samstag, 17.05.
Früh ... kurz vor 6 Uhr, stehe ich am Brunnen auf dem Marktplatz in Eisenach. Zum zweiten Mal will ich mich am Supermarathon am Rennsteig versuchen. 7 Jahre ist es her ... das erste Mal. Die innere Spannung ist seit Tagen da. Wird es ein großes Quälen? War die Vorbereitung, die nicht ganz optimal lief, ausreichend für 72,7 km mit 1470 Höhenmetern im Aufstieg und 970 m im Abstieg? Ist der Körper, die Muskulatur, die Bänder und Sehnen und der Geist heute, eben genau heute, in der Lage diese Belastung auszuhalten?
Ich bin nicht allein. Nee, natürlich nicht. Es sind noch mehr als 2500 andere Läufer da. Aber auch Lauffreunde.
Matti will zum ersten Mal den SM finishen.
Ines, die sich gut vorbereitet hat, auch.
Petra kennt den SM und Jörg ist mit 5x SM ein alter Hase ;-). Mit Jörg bin ich schon gemeinsam Marathon bei einem 6 Stundenlauf gelaufen. Unser Tempo könnte gut zusammenpassen und wir haben uns im Vorfeld entschlossen den Lauf gemeinsam anzugehen.
Die Strecke
Der Schneewalzer ist gesungen und geschunkelt und pünktlich ertönt der Startschuss. Recht ruhig und gemächlich laufen wir los. Wir müssen uns ja erst einmal warmlaufen. Warm wird uns schnell, denn nach den 1,5 km durch Eisenach geht es gleich bergan ... für die nächsten 7 km. Obwohl, eigentlich geht es bis zum Kilometer 25,5 nur bergauf. Die steileren Passagen werden gegangen. Das ist Kraft sparender als mit kleinen Schritten hochzutippeln. Man ist meistens auch nicht schneller als die Gehenden.
Die Spitze im ersten Drittel ist der Inselsberg. Zwischenzeit ca. 2h50 nach 25,5 km.
Es ist neblig oder besser gesagt ... wir laufen in den Wolken. Nach dem Inselsberg geht es steil bergab. Sehr steil. Es gibt Passagen, da gehe ich, weil laufen staucht und die Knie extrem belastet. Da muss ich vorsichtig sein. Die meisten Läufer um uns herum sind auch langsam unterwegs. Nur manche hoppeln da schnell hinab.
An der Grenzwiese verpflegen wir uns an der schon 5. Verpflegungsstelle. Ich habe von Beginn an jedes Mal entweder Tee oder Wasser und wenn vorhanden Schleim getrunken. Auch den Tipp mit dem Stück Zitrone mit Salz habe ich probiert und für gut empfunden.
Die Kilometer "verfliegen" ... fast. Ich unterhalte mich mit Jörg und auch mit den Läufern rund um uns. Immer wieder fallen lustige Komentare. Ein Spruch, der öfter fiel: "Hinten ist die Ente fett". Ja, bei einem so langen Lauf weiß keiner was unterwegs passiert.
Bei Kilometer 37,5 Verpflegungspunkt Ebertwiese (4h09) - Halbzeit ... zumindestens für die zu laufenden Kilometer. Und was heißt hier laufen. Es geht schon wieder einen Berg hinauf und somit gehen alle.
Das Anlaufen wird nun deutlich schwerer. Die Waden sind angespannt und ich bin mir nicht sicher, ob die Regenerationszeit nach dem Malerweg ausreichend war. Kilometer 42+ ... Marathon geschafft. Noch 30 Kilometer, kleine Rechenspiele müssen sein. Ein ständiges hinauf und hinab. Laufen, gehen, laufen. Die Unterhaltungen sind inzwischen seltener geworden. Das Läuferfeld hat sich auseinander gezogen. Wir werden überholt und überholen. Häufig sieht man die gleichen Läufer um einen herum.
Irgendwo bei Kilometer 50 kommt die Sonne hinter den Wolken hervor. Es wird dadurch deutlich wärmer, wenn der Wind nicht gerade eisig über den Rennsteig weht. Es fällt mir immer schwerer dem Tempo von Jörg zu folgen. Er ist immer einen halben Schritt vor mir. Die Beine sind müde und die Schienenbeine ziepen und jammern rum. Der Kreislauf ist auch ab und zu am spinnen, vor allem wenn die Sonne auf den Kopf brennt. Die Gedanken fangen an zu kreisen. Plan A verwerfen und Plan B oder C verwirklichen?! (Plan A: durchziehen, Plan B: zu Ende wandern, Plan C: am Grenzadler mit offizieller Zeitnahme aussteigen) Ich sage Jörg wie es mir geht und er erklärt mir, ich würde mich sehr ärgern, wenn ich aufhören würde. Sein Vorschlag, bis Grenzadler (km 54,7) laufen, dort eine längere Pause einlegen, gut essen und trinken und dann in Ruhe weiter wandern. Ich lasse mich darauf ein und schicke ihn auf die letzten 18 km. Die längere Pause mache ich nicht. Ich nehme mit Cola und Wasser und gehe weiter. An einer Bank müssen die kleinen Steinchen aus dem rechten Schuh entfernt werden. Das hat gedrückt.
Ich gehe ... die anderen auch ... den Berg hinauf. Ich fühle die Schienenbeine krampfen. Oooh ... autsch. Trotzdem weiter. Ich komme mit einer jungen Läuferin ins Gespräch. Es ist ihr erster SM. An der Bergkuppe schicke ich sie los. Ich muss noch gehen. Die Beine entkrampfen langsam und ich laufe wieder. Es geht nun viel bergab. Nicht so steil und so kann man das Tempo gut mitnehmen. Die Schienenbeine sind dann doch noch einmal kurz vorm zumachen. Ich gehe. Nach dem Motto: Laufen bis es nicht mehr geht. Gehen bis es wieder läuft. Und ich laufe.
Großer Beerberg mit dem höchsten Punkt (973HMüN) der Strecke ... Schmücke (km64 - 7h33) ... Kreuzwege bzw. Bierfleck. Leicht bergab und ich werde schneller. Die Pace liegt nun häufig unter 6 min/km und 2 km sind sogar bei 5:25 min/km. Mein Handy klingelt ;-) ooh. Die Frage: "Wo bist du? Sollen wir dein Gepäck mitbringen?" Ich: "Noch 2 km und ja bring mit." Ortseingang Schmiedefeld. Es läuft und ich überhole.
Die lange Zielgasse ...
... bekannte Gesichter am Rand, Freude, winken, laufen ... Ziel ... geschafft.
"Hinten ist die Ente fett!" Zielzeit: 8:33:03. Das ist 9 Minuten schneller als vor 7 Jahren.
Im Zielbereich treffe ich Jörg. Er ist ca. 4 Minuten vor mir ins Ziel gekommen.
Sein Bericht - > Klick: Hinten ist die Ente fett
Petra hat die vorhergesagten unter 9h mit 8:47:20 locker unterboten.
Ines tanzt und fliegt ins Ziel nach 9:29:53
Am 25. Hochzeitstag gemeinsam den Rennsteigmarathon laufen und Hand in Hand ins schönste Ziel der Welt ... in Schmiedefeld. Glückwunsch ihr Beiden.
Bisschen Statistik:
12. Platz AK W50 von 86;
95. Platz Gesamt von 378
So und nun wird gefeiert.
Die Debütantenzeit von Matti: 7:58:03
Persönliche Bestzeit über HM: 1:42:44
Glücklich und seeehr zufrieden
Mitsingen, schunkeln, tanzen ...
und das Dauergrinsen geht nicht weg.
Unsere liebe Fotografin ist nach ihrer HM-Rennsteigbestzeit auch glücklich.
Heute zum Montag ein kleiner Entspannungslauf und als Belohnung ein wunderbarer Regenbogen
Doppelt ;-)
Ein schöner Bericht von einem schönen Lauf.
AntwortenLöschenRs hat Spass gemacht.
Ja hat er und fast keine Probleme hinterlassen. Muskulatur laut Physio erstaunlich locker. Ich hoffe bei dir auch. ;-)
LöschenKlasse Tati ! So schön mit vielen bekannten Leuten hinterher das Erreichte zu genießen. Du hast wieder einen schönen Blogpost geschrieben, ich konnte gut mitleiden.
AntwortenLöschenLG Diddi
Auch hier: von vorne bis hinten fett, der Bericht! und die Zeit - obwohl ziemlich schlank und graziös - ebenfalls.
AntwortenLöschenHerzlichen Glückwunsch!
Ganz herzlichen Glückwunsch zum Doch-noch-Durchhalten, und das in Bestzeit ! Einfach super! Ja, es ist immer wieder erstaunlich, wie sich Hochs und Tiefs bei so einem langen Lauf abwechseln. Erhole dich gut und vielleicht laufen wir uns bald mal wieder über´n Weg.
AntwortenLöschenLG Anett
Danke liebe Anett,
Löschenich hätte für ein Treffen einen Vorschlag ... Panoramalauf Sächsische Schweiz. ;-)
Liebe Grüße
Tati